Dienstag, 2. Mai 2017. Nach der Tagestour in den Kaukasus lassen wir uns heute noch mal durch die Straßen von Tiflis treiben: Mit viel Zeit, um Fotos zu machen. Mit viel Ruhe, um die Atmosphäre in der Stadt aufzusaugen. Mit viel Gelassenheit, um in verschiedenen Cafés die Limonade zu testen. Unser nächster Termin steht erst am Abend an: Zum Abschluss haben wir uns ein Raum und eine Massage in einem traditionellen Schwefelbad reservieren lassen.
Station 1: Der Flohmarkt auf der Trockenen Brücke
Nach dem unser Guide am Vortag noch mal ausdrücklich darauf bestanden hatte, dass wir uns unbedingt noch den Flohmarkt auf der Trockenen Brücke (Dry Bridge) anschauen müssten, führt uns unsere Tour durch die Stadt heute als erstes genau dort hin. “Ihr findet da auf jeden Fall was aus Deutschland” hat der Fahrer uns schon vorgewarnt: “Alle Touristen haben bislang etwas aus ihrer Heimat dort gefunden”.
Nun ja: Mit den Märkten in Istanbul oder Marrakesch kann dieser Flohmarkt zwar nicht mithalten, aber es ist alle Male ein Besuch wert. Von Antiquitäten über Kunsthandwerk finden wir dort alles. Vor allem aber Ramsch: Einzelne Schuhe, Uhren aus Russland, Handbesen, Kameras, Sowjet-Orden, Münzen aus aller Welt, Schallplatten, Schmuck, Bücher. Hüte, Messer und andere Waffen. Die Ware wird auf kleinen Mäuerchen, Decken oder im Kofferraum eines alten Ladas feilgeboten.
Station 2: Das Café Purpur
Eine Freundin gab uns den Tipp, unbedingt auch im Café Purpur vorbei zu schauen. Wenn wir noch Zeit hätten, lohne sich in jedem Fall auch ein Rundgang durch das umliegende Vierte. Selbst im Reiseführer steht beschrieben, dass sich das Restaurant an einem der schönsten Plätze der Stadt, dem Gudiashvili-Platz befindet. Mitten in der Altstadt von Tiflis.
Nach einem berühmten georgischen Maler benannt vereint dieser georgische, orientalische und klassizistische Architektur aus dem frühen 19. Jahrhundert. Soweit zumindest in der Theorie. Dort angekommen, finden wir… eine Baustelle. Interessant ist es trotzdem, denn hier wird die Stadtentwicklung deutlich. Von den Fassaden der Häuser ist auf den ersten Blick nichts zu erkennen, denn sie sind mit Balken abgestützt und warten auf die Restaurierung. Eines von vielen Beispielen, wie die Stadt aktuell versucht, ihren alten und verfallenen Häusern neuen Glanz zu verleihen.
Nicht nur die Stützen an den Wänden, sondern auch ein großes Schild mitten auf dem Platz weist darauf hin, dass hier für die nächsten Jahre umfassende Restaurierungsarbeiten geplant sind. Es gibt also Entwicklung, es ist zu spüren, wie Tiflis sich hübsch macht. Zugleich wirft das Bild eine Reihe von Fragen auf: Werden nur die Fassaden restauriert oder die kompletten Gebäude? Was ist mit den Bewohnern? Bleibt der Wohnraum bezahlbar oder müssen sie das Viertel verlassen? Wäre das Geld nicht an anderer Stelle besser angelegt, um beispielsweise die Grundversorgung der Menschen hier zu gewährleisten?
Beinahe wären wir gar nicht erst bis zum Café Purpur weitergelaufen. In Deutschland hätte ich mich wahrscheinlich von den Bauarbeiten auf der Straße abschrecken lassen und hätte einen großen Bogen um die Straße gemacht. Doch in Georgien geht man einfach durch und daher konnten wir doch noch in den Genuss eines Kaffes kommen. Hier würde ich sofort einziehen: Wer es romantisch mag, der ist im Café Purpur wirklich hervorragend aufgehoben. Das Restaurant wurde von dem Sohn einer der berühmtesten Schauspielerinnen und dem Innenarchitekten Guga Kotetishvili gegründet. Von außen wirkt das Haus unscheinbar, innen finden wir wahnsinnig schöne Vintage-Schätze.
Nicht zum ersten Mal fällt uns auf, dass Religion und Glaube sehr viel präsenter im Stadtbild und im Alltag sind, als in Deutschland (oder es kommt uns zumindest so vor). Viele Kirchen. An vielen Ständen werden Ikonenbilder verkauft. Die Menschen bekreuzigen sich, sobald sie nur an einer Kirche vorbeikommen.
Station 3: Das Bäderviertel Abanotubani
Unser Tag endet im Bäderviertel Abanotubani. Wirklich jeder Reiseführer, jedes Online-Portal, jede*r Georgienreisende empfehlen einen Abstecher in die berühmten Bäder. Von diesem Erlebnis schwärmten schon Alexander Puschkin und Alexandre Dumas. Die Bäder sind nicht nur typisch für die Stadt, sie haben ihr sogar ihren Namen gegeben. Tbilisi bedeutet wortwörtlich “heiße Quelle”. Ihre Wunderwirkung veranlassten König Wachtang Gorgassali, die Stadt im 5. Jahrhundert zur Hauptstadt zu machen und zur Metropole auszubauen.
Ursprünglich hatten wir den Besuch in einem Schwefelbad schon für Sonntag eingeplant, mussten dann aber feststellen, dass die Räume für mehrere Tage im Voraus ausgebucht sind. So stellte dieses Ereignis nicht nur den Abschluss des Tages, sondern vielmehr auch den Abschluss unseres Urlaubes da. Eine kluge Entscheidung, waren die Tage zuvor doch so anstrengend gewesen 😉
Derzeit gibt es noch rund 70 Bäder im alten, persischen Stil, mit den berühmten Kuppelbauten. Die eigentlichen Bäder liegen unterirdisch, weil dort der Wasserdruck höher ist. Licht fällt durch die Kuppeln in die Bäder ein. Man kann sowohl die öffentlichen Bäder besuchen, als auch private Räume buchen. Letzteres haben wir uns gegönnt. Die private Variante besteht aus zwei Räumen: Einem Vorraum mit Ledergarnitur, Toilette und Kleiderhaken. Auch Badeschlappen, Spiegel oder ein Föhn liegen bereit. In einem zweiten Raum befinden sich dann eine Dusche und das Badebecken. Das Badebecken ist nur so tief, dass man gerade noch stehen kann. An der Seite sind treppenförmige Vorsprünge eingemauert, so dass man bequem sitzen kann.
Wenn schon denn schon: Wir haben nicht nur das Becken gebucht, sondern direkt dazu auch eine Massage. Wobei diese tatsächlich sehr viel anders abläuft, als bei uns in den westlichen Massagestudios. Die Masseurin rubbelt einen mit einem großen und groben Handschuh von oben bis unten, vorne und hinten ab und seift dich danach ein. Der Haut und dem Teint tut es in jedem Fall gut.