Amarapura und Inwa

In der Region Mandalay erzählen die Überreste von vier ehemaligen Königsstädten burmesische Geschichte: Mandalay, Amarapura, Sagaing und Inwa. Nach dem wir die wichtigsten Sehenswürdigkeiten in Mandalay an unserem ersten Tag dort erkundet haben, verabreden wir uns mit unserem Taxifahrer für den nächsten Tag zu einer Tour durch das Umland.

#Mönchsspeisung im Mahagandayon-Kloster

Direkt bei der Abfahrt am Hotel hat uns unser Taxifahrer erklärt, dass wir am Vormittag ein straffes Programm und keine Zeit zum Trödeln haben. Wir müssen rechtzeitig im Kloster Mahagandayon sein, sagt er. In dem 1914 gegründeten Mahagandayon-Kloster leben rund 1000 Mönche zweier unterschiedlicher Orden. Die Klosteranlage mit Ordination Hall, Bibliothek, Schule, Unterkünften, Klosterküche, Speisesälen und Wirtschaftsgebäuden gehört zu den flächenmäßig größten in Myanmar. Um kurz vor zehn halten wir auf dem Parkplatz des Klosters neben zahlreichen anderen Taxen und Reisebussen. Und nach einem kurzen Rundgang über das Gelände, vorbei an Wasserstellen, an denen die Mönche ihre Kleidung waschen, an Wohnhäusern, Schulen und schließlich einer riesigen Küche, stellt uns unser Taxifahrer vor der Eingangstür des Speisesaals ab. Und nun verstehe ich auch, was los ist: Wir sind hier um die berühmte Mönchsspeisung mitzuerleben.

 

Derzeit gibt es in Myanmar rund eine halbe Millionen Mönche, Novizen und Nonnen, die in ihren roten und rosafarbenen Gewändern überall das Alltagsbild prägen. Rund 90% der Einwohnerinnen und Einwohner Myanmars sind Buddhisten und vor allem die männlichen davon verbringen ihre frühe Jugend zumeist in einem Kloster. Einige bleiben ihr Leben lang dort, die meisten nur für ein paar Monate. Vor allem ärmere Familien schicken ihre Kinder zeitweise dorthin, da die Eltern oft nicht mehr für sie sorgen können. Wer im Kloster lebt, erhält aber nicht nur Essen, Kleidung und Unterkunft, sondern auch Bildung. Die Klöster leben vor allem von Spenden, die sie von der Bevölkerung erhalten. Daher sieht man in den frühen Morgen- und Abendstunden in vielen Orten Mönche und Nonnen mit Almosenschüsseln durch den Ort ziehen. Es ist ein üblicher Brauch, dass Myanmaren diese Schüsseln mit Reis und anderem Essen füllen. Sie glauben, dass sie dadurch Verdienste für das jetzige oder noch kommende Leben erhalten.

In Mahagandayon leben rund 1.000 Mönche und Novizen. Der Alltag ist streng geregelt, es herrscht Pünktlichkeit und Disziplin. Essen gibt es nur am frühen Morgen und eben um 10.30 Uhr. Und auf ihrem Weg dorthin begleiten sie die Blicke und Kameras hunderter Touristen und Gläubiger. So auch heute. Als wir am Speisesaal eintreffen, stehen dort schon an die hundert andere Menschen, die ihre Kameras und Selfie-Sticks in Position bringen und ungeduldig darauf warten, dass der Uhrzeiger endlich auf halb elf vorrückt. Wie aus dem Nichts erscheinen junge Mönche und Novizen aus den Seitenstraßen und reihen in eine Schlange vor dem Speisesaal ein. Immer zu zweit, schweigend, meist den Kopf gesenkt, mit den schwarzen Tontöpfen in der Hand. Ältere Mönche geben acht, dass die Touristen auch schön brav auf dem Gehsteig bleiben und den Weg nicht versperren. Mit einem Glockenschlag um 10.30 Uhr setzt sich der Zug in Bewegung, die Mönche gehen in den Speisesaal hinein, wo sie aus dem riesigen Reistopf ihre Portion Reis erhalten. Die Touristen stehen rechts und links der Straße und versuchen das perfekte Foto zu schießen. Manche stecken den jungen Männern auch Geld oder Schokolade zu, die sie ihnen auf die Topfdeckel legen. Die Mönche scheint der Rummel nicht zu stören. Wir fragen einen älteren Mönch, der zwischen uns steht, ob der Trubel für die jungen Männer nicht lästig sei. Doch er antwortet er nur: „Wir sind eben auf die Spenden angewiesen.“

Während manche Touristen anschließend versuchen, einen Blick durch die Fenster des Speisesaales zu erhaschen, machen wir uns auf dem Weg zu unserem Taxifahrer. Denn der Zeitplan ist immer noch straff. Er kennt einen Geheimtipp. Die meisten wissen von der Mönchsspeisung, doch nur wenige Kilometer entfernt ist ein Nonnenkloster. Dort findet das Ritual eine Stunde später statt. Auch das sollten wir uns nicht entgehen lassen, meint der Taxifahrer.

#Inwa
Eine kleine Straße führt hin zu den Bootsanlegestellen am Myitnge-Fluss. Nach einer kurzen Überfahrt erreichen wir die Insel. Inwa (von den Briten auch Ava genannt) liegt etwa 20 Kilometer entfernt südlich von Mandalay und war über sechs Jahrhunderte lang die Hauptstadt Birmas. Heute sind von der Königsstadt nur noch Ruinen übrigen, die verstreut zwischen Dörfern, Bananenplantagen, Reis- und Kohlfeldern liegen. Um die Gegend zu erkunden, mieten wir uns direkt am Fähranleger eine Pferdedroschke. Die einachsigen Kutschen mit großen Holzrädern bieten auf den zwei Bänken unter der Plane gerade genug Platz für uns beide Erwachsenen. Wir entscheiden uns für die kürzere Route, die uns eine Stunde lang über die Straßen Inwas führen wird und ich weiß schnell, dass es die richtige Entscheidung war.  Denn so romantisch die Fahrt auf der Pferdekutsche zunächst scheint, jedes Schlagloch (und davon gibt es reichlich) belehrt uns eines besseren. Die Straßen sind selten geteert und werden vor allem von Mopeds, Kutschen und Tieren genutzt. Bei jedem Schlagloch müssen wir aufpassen, nicht mit dem Kopf an den Rahmen der Kutsche geschleudert zu werden. Um so schöner ist die Landschaft, durch die wir fahren: Dörfer, Bananenplantagen, Reis- und Kohlfelder. Im Schatten spielen Jungen Fußball, Kühe grasen am Wegrand. Überall ist das Getrappel von Pferdehufen zu hören. Die perfekte Idylle.

 

Und so klappern wir die Highlights der Insel ab: Von der ehemaligen Palastanlage ist nur noch der „schiefe Turm von Inwa“ übriggeblieben. Ein Erdbeeben hat den ehemaligen Wachturm jedoch stark beschädigt, so dass er nun in eine Richtung absinkt. Der Reiseführer empfiehlt uns hinaufzusteigen und den Blick auf die umliegende Landschaft von oben zu genießen. Doch wir finden nur verschlossene Türen vor. Das Kloster Maha Aungmye Bonzan ist gut erhalten. Es ist ein Bau aus Ziegeln und Stuck, das im Stil eines Teakholzklosters gebaut wurde. Das Kloster entstand unter König Bagyidaw, der die Hauptstadt 1824 von Amarapura nach Inwa verlegte. Das Bagaya Kyaung-Kloster steht auf fast 300 Holzpfosten und ist komplett aus Teakholz. Es erinnert an das Shwenandaw Kloster in Mandalay. Mit seinen sorgfältig gearbeiteten Schnitzereien gehört es zu den schönsten Teakholzklöstern, die es in Myanmar noch gibt.

 

#Buddha-Werkstatt

In Mandalay befinden sich zahlreiche Handwerksbetriebe, in denen aus Marmor oder Bronze Buddha-Figuren entstehen. Als wir am Morgen in Richtung Amarapura durch die Straßen fahren, sehen wir links und rechts Arbeiter, die fräsen, bohren, hämmern. Ohne Schutzmaßnahmen. Mitten im Staub entstehen glänzende Buddha-Statuen. So auch in der Werkstatt, in der wir halten: Hier werden Buddhas in beachtlichen Ausmaßen gegossen. Die Lehmformen sehen selber wie Kunstwerke aus. Erst wenn man sie entfernt, kommen die traditionellen Buddhas heraus.