Round and round it goes: Mit der Circular Train durch Yangon

Es dauert eine Weile, bis wir herausgefunden haben, wo am Bahnhof wir das Ticket für die Circular Lane kaufen können. Denn gleichwohl hier alle sehr darum bemüht sind, uns zu helfen: Ausreichend Englisch spricht kaum jemand. Mit Händen und Füßen fragen wir uns durch, bis wir im Zug sitzen und durch Yangon holpern.

Nachdem wir unsere Tickets am Schalter erhalten haben, winkt uns ein Junge auch schon zum Zug: „Hurry up!“ Gemeinsam mit fünf weiteren Touris springen wir schnell über zwei Bahngleise und klettern in den alten Wagen. Im letzten Augenblick, denn der Zug fährt hier – wie gewohnt – auf die Sekunde pünktlich ab. Eine Stunde hätten wir sonst auf die nächste Gelegenheit warten müssen.

 

Der Bahnwärter winkt mit einer grünen Flagge: Auf das Startzeichen hin setzt sich die alte Diesellok mit einem schrillen Pfeifen in Bewegung. Mühsam zieht sie ihre zehn Waggons an und aus dem Bahnhof raus. Im Schnecketempo kriecht der Zug schließlich in knapp drei Stunden einmal rund um die Stadt. Und die Fahrt ist ein einziges Abenteuer: Wir passieren die Außenbezirke, wo Wellblechhütten zwischen Betonhochhäusern stehen. Vorbei geht es an bunten Märkten, die manchmal bis an die Gleise reichen, Pagoden, Klöster, Fabriken, Wälder, Seen, dem Flughafen und Reisfeldern.

Drinnen ist es heiß und stickig. Am Rand unter den Fenstern gibt es einige harte Plastik-Sitzplätze, doch die meisten Menschen stehen dicht an dicht in der Mitte des Wagens. Kleben förmlich aneinander. Ständig steigt jemand aus oder ein, das führt zu einer bunten Durchmischung: Die wenigen anderen (europäischen) Touris vom Bahnsteig haben wir längst aus dem Blick verloren. Anstelle dessen treffen wir viele Einheimische: Bauarbeiter, Straßenhändler, Geschäftsleute, Mütter mit Kindern, Mönche, Nonnen und Marktfrauen wechseln im Rhythmus der Stationen die Sitze.

Was bleibt, ist die stickige Luft, denn Fahrtwind kommt durch die offenen Fenster kaum hinein. Manchmal strecke ich den Kopf aus dem Fenster, um etwas Frischluft zu bekommen. So wie dutzend andere Passagiere auch. Manche lehnen sich an den Türen nach draußen, halten sich mit einer Hand an den Haltegriffen fest. Andere sitzen mit an den Türen, die Beine hängen aus dem Wagen. Was in Deutschland undenkbar wäre, ist hier kein Problem. Bei der geringen Fahrtgeschwindigkeit droht kaum Gefahr.

Auch verhungern wird hier keiner: Verkäuferinnen und Verkäufer bieten unterwegs Wasser, Bananen, Trauben, Curry, Melonen, Süßigkeiten und die Volksdroge Betel an. Wunderheiler preisen lautstark ihre Wundersalben an und Wahrsager versprechen, die Zukunft vorherzusehen.

Mit jedem Meter, den wir fahren, bekommen wir einen besseren Eindruck davon, wie die Einwohner der Stadt außerhalb des Stadtkerns leben. In einfache Hütten aus Holz oder Wellblech gebaut. Überall liegt Müll herum. Auch in den Seen und Flüssen, in denen sich die Menschen waschen, ihre Kleider reinigen oder sich die Zähne putzen. An den Bahnsteigen herrscht reges Treiben: Menschen warten, in der Hand oder auf dem Kopf riesige Körbe mit Lebensmitteln: Gemüse, Obst, Reis, Fisch. Tiere laufen umher: Hunde, Schweine, Hühner, Ziegen. In manchen Orten reicht auch der Markt bis an die Gleise heran. Die Menschen sitzen im Schatten unter Planen auf Plastikstühlen, unterhalten sich, rauchen. Kinder spielen. Und winken uns zu, wenn wir vorbeifahren.