Liebe Krissy,
Urlaub im Bulli verspricht die maximale Freiheit: Du planst deine Tour selber, lebst in den Tag, bleibst, wo es schön ist und fährst wann du willst. Volle Flexibilität, Abenteuer vorprogrammiert. Soweit die Theorie, in der Praxis sieht das dann doch etwas anders aus. Die Postkarte geht an dich, weil ihr ja neuerdings auch in so mobil unterwegs seid.
Spätestens, seit dem alle Welt in Down Under mit dem Camper unterwegs ist, findet man sich schnell in einer dieser langen, Toyota-Karawanen auf Neuseelands Straßen wieder. Spätestens gegen Mittag musst du am Ziel sein, um überhaupt noch ein Plätzchen zu finden – vor allem auf den Freedom-Campingplätzen, die man nicht reservieren kann. Selbst wenn man zwischendurch auf den Straßen keinem anderen Bus begegnet – spätestens am nächsten “Point of Intrest” treffen sich alle wieder. Irgendwie macht man es dann doch, wie alle anderen.
So wie den Ausflug zur Cathedral Cove an Tag 3. Die Cathedral Cove ist – laut Reiseführer und einschlägiger Internetplattformen – eine der TOP 10 Orte auf der Nordinsel Neuseelands. Ein Ort, an dem man unbedingt gewesen sein muss. Hinter dem imposanten Namen verbirgt sich eine kleine Bade-Bucht in der Nähe der kleinen Stadt Hahai, mit weißem Sandstrand und einer Höhle, die an eine Kathedrale erinnert. Kiki – die Ärztin aus Berlin – war schon dort und hat uns am Morgen noch einen kurzen Erfahrungsbericht per WhatsApp geschickt. Die Wege sind sehr gut ausgebaut, der Strand ist sehr voll mit Touristen. Wir wagen es trotzdem, denn einen solchen TOP-Ort lässt man nicht so einfach aus – nachher ärgern wir uns noch.
In Hahai angekommen merken wir bereits auf dem Parkplatz, dass wir “overdressed” sind. Steffi in ihren Wanderschuhen, ich in Turnschuhen. Die meisten anderen Touristen, die mit uns gemeinsam aufbrechen – oder vom Strand zurück kommen – tragen maximal Flipflops. Kiwi-Style eben. Dazu sehen wir Bikinis und Badeshorts, Handtücher sind locker um die Schultern gelegt.
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Touristenmassen haben wir für heute genug und entscheiden uns daher noch einmal für die Freedom-Variante. Der Platz, an dem wir nachmittags unser Auto parken, ist tatsächlich relativ leer. Wieder ohne Dusche, wieder ohne alles. Dafür ist der Traumstrand nur zehn Gehminuten entfernt. Bevor wir uns endgültig zum Bleiben entscheiden, ziehen wir doch noch mal kurz in Betracht, auf den Campingplatz in der Nähe umzuziehen und dort eine “powered Site” zu buchen. Denn die Erkenntnis des Tages ist: Steckdosen im Camper funktionieren nur, wenn der Wagen auch am Strom hängt. Dumm, wenn einem so langsam der Strom ausgeht: Das Handy ist leer, die Powerbanks sind leer, der W-Lan-Router ist leer, die Musikbox ist leer (jaja, ich weiß). Aber irgendwie sind wir dann doch auf unsere Handys angewiesen, um einen Plan für die nächsten Tage zu machen. Und ein Plan – so die zweite Erkenntnis des Tages ist dringend notwendig. Denn je größer die Freiheit so ganz ohne Ziele in den Tag zu leben, desto größer ist auch der Frust über all das, was man verpasst haben könnte.
In diesem Sinne einen lieben Gruß vom anderen Ende der Welt
Deine Marie