Tarawera-Falls – Tag 5

Lieber Sebi

grün war die Farbe des Tages und bei grün… muss ich an dich denken. Daher geht diese fünfte Postkarte an dich. Nachdem wir den gestrigen Tag auf der Straße und vor allem auch in der stinkenden Stadt Rotorua verbracht haben, räumten wir heute unseren Nasen eine kurze Verschnaufpause ein. “Raus in die Natur” war das Motto des Tages. In die gut-riechende Natur, wohlgemerkt. In die grüne Natur.

Will man die Tarawera-Falls unweit des Lake Tarawera besuchen, gibt es zwei Möglichkeiten dort hinzugelangen: Entweder stellst du dein Auto wenige Meter von den Falls entfernt auf einen Parkplatz und marschierst in schlappen zwanzig Minuten zum Wasserfall. Oder du wählst die sportliche Variante, parkst dein Auto am Lake Tarawera, am Tarawera Outlet Camp, und läufst über einen schmalen Wanderpfad den Fluss entlang hinauf dorthin. Wir haben uns – trotz Hitze – für die zweite Variante entschieden. Wie es sich für Pfadfinder gehört, ziehen wir um die Mittagsstunde (jaja) mit Sack und Pack und vor allem auch mit festen Wanderschuhen los. Durch den tiefgrünen Dschungel, immer entlang des türkisblauen Flusses (die perfekte Farbkombinationen für uns). Die meiste Zeit sind wir alleine unterwegs. Ab und zu kommen uns andere Menschen entgegen oder überholen uns. Und das ist aus zwei Gründen sehr deprimieren: Zum einen dachten wir eigentlich, dass wir nicht so langsam unterwegs waren. Und zum anderen stellen wir fest, dass wir mit unseren Wanderschuhen absolut overdressed sind. Denn der Kiwi an sich – ok, das wussten wir auch schon vorher – hält einfach nichts von festem Schuhwerk. Egal wo du hinkommst, tragen die meisten maximal Flipflops rum. Auf dem Parkplatz, im Supermarkt und ja, jetzt ist es amtlich, auch im Dschungel, laufen die verrückten Vögel hier barfuß rum. Und sind dann auch noch schneller als wir. Welche Schmach!

Der Wanderweg zieht sich über fünf Kilometer – mal steigt er an, mal fällt er ab. Es geht über Stock und Stein. Schließlich, wir hatten uns schon fast entschlossen, wieder umzukehren, geht es 65 Meter hinab, von unten hat man einen hervorragenden Blick auf den Wasserfall. Es riecht nach Wald und Wasser. Die Wassermassen donnern, Sprühwasser liegt in der Luft.

Auf dem Rückweg halten wir kurz an einer der Badestellen im Fluss an, um uns abzukühlen. Zunächst noch alleine, gesellt sich ein paar Minuten später dann eine australische Familie zu uns. Aus Verlegenheit und weil wir nicht wissen, wie wir uns nun am geschicktesten umziehen sollen, entscheiden wir kurzerhand dazu, den Badeanzug einfach anzulassen und den Rest des Weges so zurück zu legen. Warm genug ist es schließlich. Und irgendwie Kiwi-mäßig verrückt. Nur andersherum. Immerhin, denke ich, fallen wir wohl als Verrückte unter Verrückten vielleicht nicht ganz so auf. Denn – das habe ich auch irgendwo gelesen – Kiwis sind ebenfalls ganz groß darin, einfach zu leben und leben zu lassen.

Liebe Grüße mit Flipflops an den Füßen vom anderen Ende der Welt
Deine Marie